Es ist ein warmer Spätsommerabend. Langsam schlendere ich über das ehemalige BUGA-Gelände an der Festung Ehrenbreitstein. Viele Spaziergänger, Jogger und Radfahrer begegnen mir auf dem großen, Park ähnlich angelegten Gelände in Koblenz.
Schon von weitem erkenne ich den jungen Mann, der mir heute Abend über seine neue Heimat erzählen mag. Nach unserer herzlichen Begrüßung kommen wir sofort ins Plaudern. Der im Westerwald aufgewachsene Neu-Koblenzer wohnt erst seit einem Jahr hier, kennt aber die Stadt schon seit Kindertagen.
Ja, lacht er, am Wochenende sind wir oft zum Einkaufen oder Bummeln nach Koblenz gefahren. Das war irgendwie selbstverständlich. Ich kannte also diese Stadt und man könnte meinen, ich habe mich bewusst für sie entschieden. Das ist aber nicht so. Auch während meiner Ausbildung in Koblenz habe ich weiter im Westerwald gewohnt, bin gependelt. Erst danach, mit einem entsprechenden Jobangebot, bin ich dann umgezogen und heute … heute lebe ich gerne hier. Und ich möchte vorerst auch bleiben, vor allem aus familiären Gründen. Dennoch, Maurice unterbricht kurz, Koblenz ist irgendwie nicht meine Nummer Eins, wie man so schön sagt. Vielleicht zieht es mich doch noch einmal in eine andere Stadt, aber im Rheinland, da möchte ich wirklich bleiben.
Die Stadt versteckt sich immer noch mit ihren Angeboten…
Unsere Stadt, beginnt Maurice, hat so viele Facetten, die Innenstadt und jeder Stadtteil haben etwas Besonderes zu bieten. Manchmal kann man gar nicht entscheiden, welche Veranstaltung, Ausstellung welchen Event man zuerst besuchen soll. Allerdings wird dafür viel zu wenig geworben. Er selbst zum Beispiel ist oft am Zentralplatz, in der Stadtbibliothek, auch im Romanticum, der virtuellen Ausstellung zu Rhein und Mosel. Letztere könnte noch viel besser der Öffentlichkeit vorgestellt werden, erklärt mir Maurice. Die Stadt versteckt sich immer noch mit ihren Angeboten, warum ist das so, fragt er mich. Nun überlegen wir beide…
Was würdest du einem Gast in Koblenz alles zeigen, frage ich interessiert nach.
Zuerst die Festung Ehrenbreitstein, antwortet der agile junge Mann. Von dort ist die Aussicht einzigartig, man kann sogar meine Wohnung im Koblenzer Stadtteil Neuendorf sehen, lacht er wieder so fröhlich. Komm ich zeige sie dir, und gemeinsam spazieren wir in Richtung seines Lieblingsplatzes. Als wir auf der Aussichtsplattform stehen und hinab auf den Rhein schauen, verstehe ich Maurice. Der Ausblick ist fantastisch. Der Rhein liegt uns zu Füßen, die Abendsonne spiegelt sich darin. Wir blicken über den Fluss hinunter auf die Stadt und weiter zu den angrenzenden Mittelgebirgen. Es ist still, nur hin wieder ist das Zwitschern einzelner Vögel zu hören. Ich bin oft hier, sagt Maurice leise. Und für Besucher ist es ein guter Einstieg, um Koblenz zu erleben. Allein dieser Blick, der ist einzigartig.
Und dennoch würde Maurice seinem Gast nicht nur die Festung zeigen. Auch der Zentralplatz, heute mit dem Forum Mittelrhein, ist für ihn sehenswert und wirklich gelungen. Das ist doch echt mal modern, versucht er mich zu überzeugen. Und später bummeln wir dann durch die Alleen in der Südlichen Vorstadt, die mich irgendwie an Berlin erinnern, und lassen den Abend in einem der Lokale dort ausklingen. Komm doch mit, sagt er. Wir lachen beide. Weißt du, meint er einen Moment später, in Koblenz gibt es so viel zu entdecken, für jeden ist etwas dabei und mein Gast würde zwar erst einmal wieder fahren, aber sicher rasch wiederkommen, weil es hier so schön ist. Und das klingt jetzt echt verdammt stolz.
Maurice fühlt sich wohl in Koblenz, das spüre ich. Er liebt Rhein und Mosel, die Nähe zum Wasser und er erklärt mir freudig, dass Koblenz vom Wasser aus gesehen, noch viel attraktiver ist und nennt direkt das Rheinufer der Koblenzer Stadtteile Neuendorf und Pfaffendorf.
Er schwärmt, aber ich möchte jetzt von dem sportlichen Mittzwanziger wissen, was ihm an Koblenz weniger gut gefällt und welche Wünsche er an die Stadt hätte.
Der junge Mann scheint plötzlich ein wenig nachdenklich. Eigentlich ist alles in Ordnung, meint er. Aber dann erzählt er mir, dass ihm in Koblenz das Großstadtfeeling etwas fehlt, so im Vergleich mit Köln, wo er oft weilt. Und auch der Nahverkehr könnte für ihn viel attraktiver und bezahlbarer gestaltet werden. Zudem behindern die vielen Brücken und Baustellen seiner Meinung nach den Verkehrsfluss und das erschwert den Weg in die Innenstadt bzw. in die angrenzenden Stadtteile. Wer steht schon gerne im Stau, sagt Maurice ernst. Auch die Radwege in der Stadt sind nicht so optimal, aber das haben dir ja schon viele Koblenzer erzählt. Und, nicht zu vergessen, der Koblenzer Hauptbahnhof, der sich sicher viel einladender gestalten ließe. Was denkt wohl ein Gast, wenn er hier bei uns ankommt?, fragt er mich ernst.
Und deine Wünschen, hake ich nach.
Ein Hauch von BUGA-Feeling, antwortet Maurice jetzt spontan. Das war eine so tolle Atmosphäre hier in der Stadt, immer war etwas los und das Wetter… jetzt lacht er, hat auch gepasst. Was für Deutschland der WM- Sommer 2006 war, war für Koblenz die BUGA im Sommer 2011 – ein Sommermärchen. Und ich freue mich auf die BUGA 2031. Vielleicht bin ich dann noch hier in der Stadt, wenn nicht werde ich regelmäßig zu Besuch kommen. Und bis dahin könnte in Koblenz noch das ein oder andere verbessert, umgesetzt, die Stadt noch schöner gemacht werden.
Ich höre Maurice gerne zu. Er erzählt so voller Energie über seine Heimatstadt: über die vielen kulturellen Angebote, über die Koblenzer Kneipenszene, die auch für junge Leute einiges zu bieten hat, über Brauchtum wie Karneval, das man hier intensiv und gut pflegt, von den Flusspromenaden, die in den letzten Jahren so schön gestaltet wurden, über Touristen, Kreuzfahrtschiffe auf der Mosel, über Joggen am Rheinufer und dann fällt ihm doch noch ein Wunsch ein. Es wäre schön, wenn es hier in der Stadt eine öffentliche Sport- oder Freizeitanlage gäbe, die man ohne Vereinszugehörigkeit nutzen kann, zum Beispiel für Fußballspiele. Da würden sich die Koblenzer dann einfach treffen, gemeinsam aktiv sein. Das ist doch auch Integration, oder?
Ein gutes Stichwort für mich, um Maurice nach den Koblenzer zu befragen. Er erzählt mir, dass die Menschen sehr hilfsbereit, offen, fröhlich und herzlich sind. Dennoch ist es nicht so ganz leicht, Freundschaften aufzubauen. Er selbst hat eher Kontakt zu „Wahlkoblenzern“, die meisten davon sind berufsbedingt nach Koblenz gezogen. Was man aber immer spürt, egal, wen man trifft, die Koblenzer sind stolz auf ihre Stadt, vielleicht sogar eher auf die Veränderungen in den letzten zehn Jahren, erklärt mir Maurice und fügt hinzu, dass es für ihn nicht entscheidend ist, ob man in einer Stadt wohnen will oder nicht, sondern, ob eine Stadt zu einem passt. Und Koblenz und ich passen halt im Moment gut zusammen und darum fühle ich mich wohl hier.
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Maurice, Jg. 1993, Archivar
Lieblingsplatz: Aussichtsplattform an der Festung Ehrenbreitstein