Walla: Mehr WIR, weniger ICH

Es ist schon eine kleine Weile her, dass ich Walla Heldermann getroffen habe. Bei unserem Treffen wollten wir über ihren Lieblingsplatz sprechen – und darüber, wie sie ihre Stadt zwischen Rhein und Mosel erlebt. Und wie immer, wenn wir uns nach längerer Zeit wiedersehen, fühlt es sich an, als hätten wir uns gerade erst verabschiedet. Kaum sitzen wir beieinander, fließt das Gespräch wie von selbst.

Wallas Lieblingsplatz liegt direkt am Rheinufer in Koblenz – nur ein paar Minuten von ihrem Zuhause entfernt. Dort macht sie regelmäßig Yoga. Dort kann sie einfach sein.
„Ich bin da oft einfach auch – ohne etwas zu tun. Und das zu jeder Jahreszeit“, sagt sie und lächelt.

Von ihrem Lieblingsplatz aus genießt sie zudem einen fantastischen Blick auf die gegenüberliegende Rheinseite – die Sonnenseite von Koblenz, auch bekannt als das ‚Rheinische Nizza‘. Die terrassenartige Gestaltung und der gemächlich vorbeifließende Rhein vermitteln ein wenig das Gefühl, in Frankreich zu sein.

Am Rheinufer mit Blick auf das sogenannte „Rheinische Nizza“

Über Umwege nach Koblenz – mit einem Blick, der alles veränderte
Gebürtig stammt Walla nicht aus Koblenz. Ihr Weg führte sie über den Chiemsee, München und Berlin schließlich in den Westerwald. Der Umzug war familiär bedingt – nicht einfach, wie sie erzählt.
Doch dann kam dieser eine Moment: eine Wanderung mit ihrem Mann auf den Hasenberg bei Stolzenfels.
„Dieser Blick auf den Rhein, über das Wasser hinweg – wir haben uns angeschaut und gesagt: Hier wollen wir leben.“
1979 zogen sie nach Frücht im Rhein-Lahn-Kreis, 2002 dann – aus praktischen Gründen – in den Koblenzer Stadtteil Oberwerth.

Dann kam die BUGA – ein Meilenstein!

Koblenz und die BUGA – ein Wendepunkt
„Nein, es war nicht wirklich Liebe auf den ersten Blick“, sagt Walla mit einem Lächeln. „Man hat halt in der Stadt gelebt – aber schön war’s nicht gerade.“
Dann kam 2011 die Bundesgartenschau. Für Walla ein Wendepunkt.
„Ein Meilenstein! Auch wenn die Koblenzerinnen und Koblenzer anfangs skeptisch waren.“
Sie lacht.

„Das ist hier nichts Neues – erst sind viele dagegen, bevor sie dafür sind.“
Die BUGA sei wie ein Zauber über die Stadt gekommen: „Von unserem Haus konnten wir alles zu Fuß erreichen. Überall hat es geblüht, überall waren Menschen unterwegs – so viel Lebensfreude, so viel Leichtigkeit. Das hat Koblenz unglaublich gutgetan.“

Eine besondere Entdeckung war für sie der Stadtteil Ehrenbreitstein – und wie sollte es anders sein: durch das Theater.
„Wenn in dieser Stadt etwas wächst, dann Ehrenbreitstein“, sagt sie bestimmt.

Der rechtsrheinische Stadtteil wurde 1937 nach Koblenz eingemeindet, seine kleine, sehenswerte Altstadt gehört seit 2002 zum UNESCO-Welterbe Oberes Mittelrheintal. Die Sanierung der Häuser schreitet voran, immer mehr Künstlerinnen und Künstler lassen sich dort nieder, eröffnen Ateliers, Galerien, Räume für Begegnung. Magneten wie das kleine Theater Ehrenbreitstein oder der Wochenmarkt auf dem Kapuzinerplatz tragen zur Lebendigkeit des Viertels bei. Walla liebt es, mittwochs über den Markt zu schlendern, einzukaufen – und Bekannte zu treffen.

Angekommen in Koblenz
Walla ist längst angekommen in der Stadt an Rhein und Mosel.
„Ich fühle mich nicht allein hier. Wenn ich durch die Stadt gehe, treffe ich fast immer jemanden, den ich kenne. Ich werde einfach angesprochen. Das genieße ich total. Es ist ein schönes Gefühl.“
Sie zögert kurz. „Ich bin wirklich… gesettelt“, sagt sie dann – ein bisschen überrascht über ihre eigene Formulierung.

Wie sie die Koblenzerinnen und Koblenzer erlebt?
„Man kommt schnell ins Gespräch. Wenn man direkt ist, offen – dann klappt der Austausch richtig gut. Nur bei Neuem, da könnten sie manchmal etwas mutiger sein.“ Sie schätzt die Offenheit der Menschen – zumindest im persönlichen Kontakt.

„Wenn man direkt ist, offen – dann klappt der Austausch richtig gut. Nur bei Neuem, da könnten sie manchmal etwas mutiger sein.“
Ein Paradebeispiel für diesen Wandel: die Diskussionen rund um die BUGA.
„Und dann waren wir doch alle da“, lacht sie, „und haben all die tollen Angebote genossen!“

Walla Heldermann, Gründerin des Theater am Werk -taw-

Theaterarbeit mit Leidenschaft
Wallas kulturelles Engagement prägt die Stadt seit Jahren. Mit dem von ihr im Jahr 2002 gegründeten „Theater am Werk“ – kurz taw – hat sie einen festen Platz in der Koblenzer Kulturszene.
„Das ist eine kleine, feine Perle in der Stadt“, sagt sie – und ihre Augen leuchten.

Das mobile freie Theater steht für anspruchsvolle Inszenierungen. Diese verbinden Literatur, Geschichte und Zeitgeschehen mit Text, Musik und Bewegung – gemeinsam mit Künstlerinnen und Künstlern, die ihr längst ans Herz gewachsen sind; Freude geworden sind.

Auch ich durfte schon viele Aufführungen erleben – im Rathaussaal, im Gewölbekeller des Sektmuseums oder im Bundesarchiv.

Doch es bleibt nicht beim Lob.
„Was fehlt, ist mehr Austausch. Zwischen den Kulturschaffenden. Da könnten tolle Projekte entstehen – wenn die Stadt das stärker fördern würde.“

Koblenz hat Potential. Also nicht jammern, sondern machen. Entscheidungen treffen!

Stadt mit Flair und Potential
Walla lebt gerne in Koblenz.
„Am Jesuitenplatz sitzen, Zeitung lesen, einen Kaffee trinken – das ist für mich Lebensqualität.
Mit dem Enkel zur Kirmes in der Goldgrube, Stadtteile entdecken, wenn auch nicht regelmäßig – aber mit Freude.“

Was sie an der Stadt nicht mag?
„Ich nehme Koblenz, wie es ist. Ich bin da weder überkritisch noch negativ.“

Und ihr Wunsch?
„Mehr Wir. Weniger Ich. Nicht so viel jammern, sondern machen. Entscheidungen treffen, Verantwortung übernehmen.“

Ein Tag in Koblenz – ganz nach Walla
Würde sie einem Gast ihre Stadt zeigen, würde der Tag so aussehen:
Erst ans Rheinufer. Dann zur Festung Ehrenbreitstein – mit Blick über die Stadt.
Am Abend? Ganz klar: ein Besuch beim taw. Danach ein Glas Wein mit dem Ensemble. Vielleicht noch ein Happen in der Altstadt.

„Einfach einen wunderbaren Tag erleben. Hier bei uns.“
Davon ist sie überzeugt: Wer Koblenz so erlebt, kommt wieder.

Und wenn sie ihre Stadt in drei Worten beschreiben müsste?
„Wunderbar. Lebendig. Und ein Ort mit Potenzial – der gern noch einen kleinen Schubs vertragen kann.“

Danke, liebe Walla, wir sehen uns bei der nächsten Aufführung des taw!


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Waltraud Heldermann, Theaterpädagogik in Köln und Heidelberg, Schauspielausbildung in Bonn, Regieausbildung in Moskau, Berlin und Essen sowie diverse Studien in Tanz, Sprache und Gesang.







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