Chris: In Koblenz möchte ich alt werden

Ich schlendere langsam durch die Koblenzer Altstadt. In den Cafés und Restaurants sitzen die Menschen und genießen diesen warmen Septemberabend. Ich freue mich auf das kommende Gespräch.

Chris, der an seinem Lieblingsplatz bereits auf mich wartet, begrüßt mich herzlich. Und noch ehe ich fragen kann, erzählt er mir, warum er sich gerade für diesen Platz, den Münzplatz in der Koblenzer Altstadt, entschieden hat.

An diesem Platz kann man tagsüber Kaffee und am Abend Rotwein trinken. Es gibt viele Lokale hier. Egal zu welcher Tageszeit, es ist immer belebt und das mag ich. Und der Platz ist so offen, dass du, gleich in welchem Lokal du sitzt, immer mitten auf den Münzplatz blicken kannst. Allerdings verschandelt ein eingerüstetes Gebäude seit Jahren diesen Platz und mich ärgert, dass die Sanierung hier nicht voran geht.

Münzplatz in der Koblenzer Altstadt, September 2017

Während wir über den großen Platz in der Koblenzer Altstadt in Richtung Biergarten am Deutschen Eck bummeln, erzählt mir der sportliche Vierziger, dass Koblenz überhaupt eine sehr gute Kneipenkultur hat. Von urigen Kneipen bis hin zu ganz modernen Lokalen, das ist super, denn für jeden von uns ist etwas dabei, sagt er und schließt an, ich wohne mitten in der Altstadt und bin oft hier unterwegs und jedes Mal denke ich, wie schön doch die Altstadt ist.

Im Gespräch mit Chris, September 2017

Chris mag Koblenz. Für ihn ist die Stadt eine Mischung aus Großstadt und Dorf. Es gibt keine Hochhäuser wie in Frankfurt oder Düsseldorf. Die Altstadt ist überschaubar, gemütlich, klein, familiär. Es ist immer etwas los, aber es gibt keine Hektik. Er lebt seit fast zwei Jahren in Koblenz, kennt die Stadt aber schon seit Kindertagen.
Mein erster Kontakt nach Koblenz war weniger angenehm, so der gebürtige Bopparder, als Kind war ich Patient in der hiesigen Kieferorthopädie. Nach der Behandlung sind meine Eltern mit mir zum Einkaufen in die Stadt gegangen. Später, als Jugendlicher war ich dann mit der Clique öfter in Koblenz unterwegs. Ich habe mich bewusst für ein Leben in Koblenz entschieden, als sich beruflich die Chance dafür bot.

Ich bin kein gebürtiger Koblenzer, aber das macht für mich keinen Unterschied.

Und Chris mag die Koblenzer. Sie sind lebenslustig, aufgeschlossen und hilfsbereit,  haben Freude an schönen Dingen, feiern gerne und genießen stolz ihre Stadt. Er hat schnell Kontakt zu den Menschen bekommen, viele Freunde gefunden.  Er erzählt mir von seinem Gefühl von Heimat, das er hier hat. Heimat ist für mich der Ort an dem meine Familie und meine Freunde leben, einerseits wo ich aufgewachsen bin, andererseits wo ich mich wohl und angekommen fühle. Ich bin kein gebürtiger Koblenzer, aber das macht für mich keinen Unterschied.

Chris lächelt, als er mir erzählt, dass er gerne in Koblenz bleiben mag, wenn sich das privat wie beruflich möglich machen lässt. Er möchte Wurzeln schlagen.

Natürlich gibt es auch das Ein oder Andere, was ihm in Koblenz nicht so gut gefällt. Daraus macht der kein Hehl und spricht sofort das sich stets wiederholende Verkehrschaos, vor allem an Regentagen an. Die Verkehrs- und Straßenführung, so meint er, ist ein wirkliches Problem, dazu die vielen Baustellen. Auch an der Parksituation und den Parkgebühren in der Innenstadt könnte vieles verbessert werden. Denn, so Chris nachdenklich, stirbt die Innenstadt aus. Viele fahren zum Einkaufen in die vor der Stadt angesiedelten Industriegebiete.  Immer mehr Geschäfte stehen leer, ein eher trostloser Anblick, wenn man durch die Stadt geht.

Chris spricht liebevoll zugleich auch kritisch über die Stadt, in der lebt und angekommen ist. Für ihn wäre ein schuldenfreies Koblenz ein echtes Ziel und eine sichere Perspektive für die Entwicklung der Stadt. Und wenn ich mir jetzt konkret etwas wünschen darf, er schmunzelt, dann wären das ein schönes Hallenbad in der Innenstadt und ein Billardcafé, ich liebe es Billard zu spielen. Und…, er macht eine kurze Pause, bezahlbarer Wohnraum. Jetzt wirkt er sehr ernst.

Bummeln über den Münzplatz in der Koblenzer Altstadt, September 2017

Was würdest du einem Gast in deiner Stadt zeigen und vor allem, was würdest du ihm zu Koblenz sagen, frage ich einige Minuten später.
Ganz klar, antwortet er überlegt, die Altstadt mit meinem Lieblingsplatz. Dort zuerst einen Kaffee trinken, dann am Moselufer entlang zum Deutschen Eck pilgern – den Blick zur Festung Ehrenbreitstein sollte mein Gast auf alle Fälle genießen –  weiter den Rhein entlang zum Schloss und von dort in die Stadt zum Shoppen. Zum Abschluss gehen wir gemeinsam in der Tappasbar an der Liebfrauenkirche essen und guten Rotwein trinken. Er stutzt einen Moment, schaut hinunter zur Mosel und spricht dann freudig weiter. Ich würde den Fremden überreden zu bleiben, damit er auch das Koblenzer Nachtleben kennenlernen kann, zuerst ins Brauhaus, dann in den Affenclub, das wäre doch ein guter Abschluss.

Chris sprudelt, er ist voller Ideen und ich versuche ihn scherzhaft zu bremsen, mit meiner Nachfrage, was er seinem Gast nun zu Koblenz sagen mag. Ganz einfach, sagt er fröhlich, Koblenz, mein Stück Heimat und ich hoffe, es hat dir hier bei uns gefallen.

Und dann beschreibt er mir seine Stadt noch mit fünf Begriffen. Koblenz ist für ihn liebenswürdig, entspannt, Dorf und Großstadt und so Chris, mein Lebensmittelpunkt, hier möchte ich alt werden, wie man immer sagt.

Ein so schöner Schlusssatz, denke ich. Wir schweigen beide, genießen die letzten Sonnenstrahlen. Ich habe wieder einmal erfahren dürfen, wie gerne man hier in dieser Stadt an Rhein und Mosel lebt.

Genießen in einem der Cafés am Münzplatz

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Chris, Jg. 1975,  junggebliebener Vierziger, der angekommen ist
Lieblingsplatz: Münzplatz in der Koblenzer Altstadt

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