Dagmar: Heimat ist Heimat und Koblenz ist Koblenz

„Gelegenheiten soll man beim Schopfe packen“, sagt ein altes Sprichwort. Und genau das dachten wir, als wir hörten, das Dagmar, die seit vierzehn Jahren in Ottawa lebt, für einige Tage in Koblenz weilt. Für uns bot sich somit die Chance, eine „Koblenzerin mit fernem Blick“ über ihre Heimatstadt zu befragen.

An einem eher kühlen Apriltag treffen wir uns in der Koblenzer Altstadt. Dagmar strahlt und erzählt uns sofort, wie sehr sie sich wieder auf ihr Leben in Koblenz freut. Sie sei den ganzen Nachmittag durch die Altstadt gebummelt. Wenn alles klappt, sind mein Mann und ich in einigen Jahren wieder hier. Ich kann euch gar nicht sagen, wie sehr ich mein Koblenz vermisse, bekundet Dagmar.

In Ottawa pflegt Dagmar einige rheinische Traditionen und das heimische Essen. Für Freunde kocht sie gerne und wenn, dann Rheinischen Sauerbraten oder Rouladen. Na, und den Kowelenzer Dialekt bewahre ich mir auch, scherzt sie. Ich brauche eben dieses Heimatgefühl!

Das ermutigt uns zur Frage, was Dagmar denn konkret in Kanada vermisst. Sie weiß gar nicht so recht, womit sie beginnen soll, so vieles fällt ihr ein. Natürlich Familie und Freunde, aber auch die Stadt und vor allem die Koblenzer. Ach ja, diese liebenswerten, manchmal etwas unentspannten Koblenzer, vermisse ich sehr. Die Kanadier sind sehr freundliche, entspannte Menschen, allerdings tiefe Freundschaften, nein, die habe ich nur mit echten Koblenzern. Ich möchte wieder mit Freunden gemeinsam in die Stadt gehen können, zusammen Kaffee trinken, gemeinsam plaudern. Die Wellenlänge eben, wenn ihr versteht, was ich meine. Dagmar schaut aus dem Fenster des Cafe Miljöö. Sie wirkt nachdenklich.

Wisst ihr, beginnt sie wieder, Koblenz ist für mich Heimat, auch wenn das eher ein Gefühl ist und ich das euch nur schwer beschreiben kann. Ich mag Koblenz so wie es ist. Ich freu mich darauf, wieder hier sein zu können, auf verregnete Sonntage daheim wie auf sonnige Tage mit Ausflügen in und um die Stadt. Wieder dabei sein zu können. Koblenz hat für Dagmar eine unglaublich schöne Architektur, eine gute Kneipenkultur, tolle Restaurants, alt eingesessene Geschäfte, kurze Wege in und um die Stadt, aber auch eine sehr alte Geschichte. Die Stadt hat sich in den letzten Jahren enorm entwickelt. Je länger man weg ist, desto mehr fällt es einem auf, stellt Dagmar fest. Früher mochte ich Koblenz so gar nicht. 

Dagmar, in Neuwied geboren und mit ihren Eltern nach Koblenz gezogen ist in der Altstadt, später in Neuendorf groß geworden. Den Umzug in diesen Stadtteil hat sie ihren Eltern nicht so leicht verziehen. Bereits mit 19 Jahren hat sie sich eine eigene Wohnung in der Altstadt genommen und nach der Ausbildung, mit 21 Jahren, die erste eigene Kneipe eröffnet, Das war ein Gefühl, mitten im Leben zu sein, lacht Dagmar.

Und warum bist du dann nach Kanada ausgewandert, fragen wir erstaunt. Denn wir spüren, wie sehr Dagmar hier verwurzelt ist. Ganz einfach, sagt sie, der Liebe wegen, auch wenn mein Mann ebenfalls ein „echtes Schängelchen“ ist, allerdings in Kanada. Das ist eine lange Geschichte, sagt Dagmar leise, aber ihr wolltet ja etwas über Koblenz wissen.

Genau und darum fragen wir direkt, was ihr denn an Koblenz weniger gut gefällt und welche Wünsche sie an die Stadt hat. Sie rührt nachdenklich in ihrem Cappuccino. Spontan fällt ihr da wenig ein. Vielleicht, weil sie aus der Ferne auf ihre Stadt schaut, vielleicht aber auch, weil das Heimweh nach Koblenz überwiegt. Fragt mich doch einfach noch einmal, wenn ich wieder hier bin, schlägt Dagmar uns vor.

Ein- bis zweimal im Jahr besuchen Dagmar und ihr Mann ihre Familie und Freunde in Koblenz und Umgebung. Wir sind neugierig und wollen wissen, was sie spontan zuerst in Koblenz unternehmen. Dagmar lacht ansteckend. Wir besuchen gemeinsam die uns verbindenden Plätze in der Altstadt, das sind eine ganze Menge, schon allein, die fünf Kneipen, die ich einmal besessen habe. Dann gehen wir Kaffee trinken und ein absolutes Muss ist ein Verweilen an meinem Lieblingsplatz, der Liebfrauenkirche. Ich kann euch nicht erklären, warum ich mich dort so wohl fühle. Vielleicht, weil ich als Kind oder junges Mädchen immer auf den Stufen an der Kirche gesessen und gespielt habe. 

Die Liebfrauenkirche ist eine katholische Kirche, die das Zentrum der Koblenzer Altstadt prägt. Die Anfänge der Kirche reichen bis ins 5. Jahrhundert zurück. Hier begann im frühen Mittelalter das christliche Leben. Heute finden neben Gottesdiensten, auch musikalische Angebote wie die samstägliche „Musik zur Marktzeit“ statt. Was freue ich mich, wenn ich hier wieder sein kann, wann immer ich mag und nicht mehr nur zu Besuch bin. Dagmar schaut wieder aus dem Fenster. Und wir verstehen genau, was sie uns sagen mag: Koblenz ist eben Heimat für sie.

Hast du Lust, uns Koblenz mit fünf Begriffen und Sätzen zu beschreiben, fragen wir am Ende unseres Gesprächs. Das Wichtigste zuerst, antwortet uns Dagmar, Koblenz ist die tollste Stadt auf der Welt, einfach Klasse, und nun zu eurer Frage. Für Dagmar ist Koblenz bunt, immer schon gewesen, eine Stadt mit alten Traditionen, guter Architektur, sehr historisch, und vor allem auf einem guten Weg, offener zu werden.

Die Zeit mit Dagmar ist sehr schnell vergangen. Wir freuen uns, die „Gelegenheit beim Schopfe gepackt zu haben“. Wir haben festgestellt, dass der Blick von außen gar nicht so anders ist und dass, egal an welchem Ort man auf der Welt lebt, Heimat eben Heimat ist und bleibt, wie Dagmar so schön gesagt hat. Zum Abschluss verabreden wir mit Dagmar ein Treffen, wenn sie wieder in Koblenz ist. Und wir versichern ihr, dann stellen wir die gleichen Fragen. Und sind gespannt auf ihre Antworten.

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Dagmar Boersch, Jg. 1957, lebt derzeit in Ottawa
Lieblingsplatz: Liebfrauenkirche in der Koblenzer Altstadt

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