Alexandra: Wir können in Koblenz eine Menge bewegen

Alexandra, September 2017

Alexandra und ich haben unser Treffen für dieses Projekt per Internet vereinbart, wir haben einige Kurznachrichten ausgetauscht, uns aber vorab nicht persönlich gesprochen. Und so bin ich jetzt, so kurz vor dem Interview, schon ein wenig aufgeregt. Während ich am Moselufer warte und noch überlege, welche Frage ich Alexandra zuerst stellen sollte, steht die junge Frau strahlend vor mir und begrüßt mich herzlich. Wir entscheiden uns spontan für einen Spaziergang entlang der Mosel und Alexandra erklärt mir sofort, das ihr Lieblingsplatz gar kein Platz sondern ein Weg ist, nämlich genau dieser hier, entlang der Mosel im Koblenzer Stadtteil Güls. Neugierig frage ich nach.

„Ich gehe hier schon seit vielen Jahren ganz oft spazieren, meist, wenn ich nachdenken mag, wenn Entscheidungen überlegt und getroffen werden wollen, wenn ich traurig bin. Oft gehe ich nicht allein und die hier geführten Gespräche haben eine besondere Bedeutung für mich.“
Einen kurzen Moment wirkt Alexandra nachdenklich, spricht dann aber fröhlich weiter.
„Außerdem habe ich hier vor Jahren als frisch gebackene Mama den ersten Spaziergang mit meinem Sohn gemacht. Auch das macht das Besondere dieses Ortes für mich aus. Überhaupt, die Strecke an der Mosel entlang ist einfach wunderschön. Da kommt direkt ein Urlaubsgefühl auf, auf der einen Seite die Mosel auf der anderen Seite die Weinberge.“
„Und“, sagt sie, „es ist zu jeder Jahreszeit schön.“

Moselufer mit Blick auf den Koblenzer Stadtteil Güls und die Gülser Brücke, September 2017

Wir plaudern angeregt über Mosel, Weinberge und Wein und Alexandra erzählt mir dabei, dass sie ganz sicher mit ihrer Familie in Koblenz, oder zumindest immer in der Nähe von Koblenz bleiben mag. Ihr gefallen die Stadt, ihre Lage und die Umgebung und vor allem die vielen Angebote und Möglichkeiten.

„Oft ist man sich dessen gar nicht so recht bewusst“, stellt sie fest und erzählt mir von ihrer Begegnung mit einem in Koblenz stationierten Soldaten, der die Stadt während des Zweiten Weltkrieges in ‚Schutt und Asche‘ erlebt und dann viele Jahre später, wiedergesehen hat; neu aufgebaut.
„Wie er das erlebt hat, wie er mir davon erzählt hat“, so Alexandra, „ergreift mich heute noch und“, sie schweigt kurz, „manchmal muss man das einfach mal gesagt bekommen.“

…alles trifft sich hier an unserem „Eck“.

„Was würdest du einem Gast von deiner Stadt zeigen, wie würdest du ihm diese beschreiben?“, knüpfe ich an.
„Das ist eine sehr schwierige Frage“, beginnt die junge Frau.
„Auf jeden Fall das Deutsche Eck mit dem wunderbaren Blick auf die historische Festung Ehrenbreitstein. Dann ganz sicher den Blumenhof, die Kirche St. Kastor, das Schloß bevor wir mit der Seilbahn dann zur Festung hinauf fahren und den Blick vom Plateau auf die Altstadt genießen. Vielleicht würde ich auch die Stadt verlassen, an der Mosel entlang gehen oder fahren. Ich mag mich eigentlich gar nicht festlegen. Und sagen würde ich ihm, dass sich alles hier an unserem ‚Eck‘ trifft, an den zwei Flüssen, dass Koblenz Natur und Kultur bietet – für jeden.“

Kultur, die ist für die Koblenzerin ganz wichtig. Sie empfindet das Angebot als vielseitig. Es gibt viele Veranstaltungen und Events, vor allem im September.
„Da weiß man oft nicht, wofür man sich entscheiden soll“, lacht sie.
Auch für Kinder und Jugendliche gibt es ein interessantes und abwechslungsreiches Angebot. Dennoch fragt sie sich manchmal, wie man junge Leute für Theater und Museen in der Stadt noch mehr begeistern kann. Ihrer Meinung nach könnte man da einfach noch mehr versuchen.

Im Gespräch mit der engagierten Koblenzerin, September 2017

Und dann erzählt sie mir, was ihr an ihrer Stadt noch nicht so gut gefällt. Da sind die schlechten Straßen, das hohe Verkehrsaufkommen.
„Immer mehr Autos kommen in die Stadt“, erklärt sie mir, „der Nahverkehr ist nicht attraktiv. Die Fahrten sind einfach zu teuer und so nutzt eben jeder sein eigenes Auto. Zudem müssten dringend die Radwege ausgebaut werden.“
Außerdem fehlen der lebensfrohen jungen Frau die kleinen Fachgeschäfte in der Innenstadt. Die vielen, sogenannten ‚Billigläden‘ laden nicht gerade zu ausgiebigem Shoppen ein.

Inzwischen haben wir uns einen Platz auf einer der Bänke am Moselufer gesucht. Ich selbst staune immer wieder wie schön der Blick über die Mosel Richtung Gülser Brücke ist.
„Ein wunderschöner Ort, an dem wir hier leben, stimmt doch, oder?“
Alexandra scheint meine Gedanken zu kennen.

Am Moselufer, September 2017

„Hast du konkrete Wünsche an deine Stadt?“, frage ich wenige Minuten später.
„Ja“, sagt Alexandra bestimmt, „einige sogar und jetzt überlege ich, womit ich beginne. Vielleicht mit unserer Universität, die für die Studierenden ein gutes Angebot hat. Aber nach dem Studium verlassen die meisten die Stadt, weil es nicht genügend attraktive Jobangebote gibt. Das muss sich dringend ändern. Dann wünsche ich mir, dass Jung und Alt in unserer Stadt mehr zusammen arbeiten, sozusagen ‚an einem Strang ziehen‘. Die Ideen und das Engagement der Jugend und die Erfahrungen der Älteren, damit können wir in Koblenz eine Menge bewegen. Dann müssten Familienbetriebe mehr gefördert, die hohen Mieten für Fachgeschäfte gesenkt…“

Sie stutzt einen Moment.
„Du hattest mich doch nicht nur nach einem Wunsch gefragt?“
Sie schaut mich selbstbewusst an.
„Es wäre schön“, führt sie fort, „wenn Einwohner, ansässige Unternehmen und Institutionen mehr zusammen arbeiten würden, im Interesse unserer Stadt. In Koblenz fehlt ein offener Treffpunkt für die sogenannten kreativen Köpfe, ganz praktisch, ein Raum, wo man sich trifft und austauscht.“

Während sie erzählt, blitzen ihre Augen und ich spüre die Energie, die von der jungen Frau ausgeht. Sie liebt ihre Stadt, engagiert sich für sie, würde aber gern noch mehr tun wollen. Die Koblenzer sind stolz auf ihre Stadt, die immer bunter wird, da ist sich Alexandra sicher. Auch, dass Integration sehr gut möglich ist. Egal woher man kommt, man bleibt nicht lange fremd, so beschreibt sie es mir kurz und prägnant.

Wir unterhalten uns noch lange entspannt über Koblenz, die Koblenzer, über Ideen für diese Stadt, über mögliche Veränderungen. Wir schauen dabei auf den Fluss vor und die Weinberge hinter uns und genießen diesen wunderbaren Anblick. Es macht mir viel Freude, mich mit der engagierten jungen Frau auszutauschen. Als es zu dämmern beginnt, beschließen wir, langsam zurück zu kehren. Auf dem Weg bitte ich Alexandra noch, mir ihre Stadt mit fünf Begriffen oder Sätzen zu beschreiben.

„So einfach ist das gar nicht“, lacht sie wieder so ansteckend, „aber ich mag es gerne versuchen. Koblenz ist für mich Heimat, Karneval, bietet Mittelmeerflair und Lebensqualität. Koblenz an Rhein und Mosel ist für mich ein Ort zum Bleiben.“

Abendstimmung an der Mosel, Koblenz, Güls, September 2017

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Alexandra Klöckner, Jg. 1979, Bloggerin

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